Warum Nachhaltigkeit jetzt auch für Mittelständler Pflicht ist
Nachhaltigkeit ist längst nicht mehr nur ein Trendthema – sie wird für Unternehmen in der Europäischen Union zur Pflicht. Mit den neuen Standards der Nachhaltigkeits-Berichterstattung (ESRS) der Deligierten Verordnung (EU) 2023/2772 der EU Komission wird der Druck auf Unternehmen aller Größen spürbar. Besonders für mittelständische Unternehmen bringt dies neue Anforderungen, da sie nun klare, standardisierte Nachhaltigkeitsberichte erstellen müssen. So ist der größte Berichtstandard, die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), bereits seit dem 01.01.2024 für einige Unternehmen verpflichtend. Die Umsetzung der ESRS soll Transparenz über die ökologischen und sozialen Auswirkungen von Unternehmen schaffen und zugleich den Weg zu einer zukunftssicheren Unternehmensführung. In diesem Beitrag wir die Nachhaltigkeits-Berichtspflicht für den Mittelstand einfach erklärt und die sechs wichtigsten Anforderungen der ESRS sowie deren Umsetzung für mittelständische Unternehmen aufgezeigt.
1. Transparente Berichterstattung für Umwelt, Soziales und Governance (ESG)
Die neuen ESRS zielen darauf ab, dass Unternehmen nichtfinanzielle Informationen zu den drei ESG-Säulen – Umwelt (Environmental), Soziales (Social) und Governance – offenlegen. Für den Mittelstand bedeutet dies, dass detaillierte Daten zu CO₂-Emissionen, Ressourcenverbrauch, Menschenrechtsstandards, Diversität und Unternehmensführung öffentlich gemacht werden müssen.
Diese Transparenz ist nicht nur gesetzliche Pflicht, sondern hilft auch dabei, Vertrauen bei Kunden, Investoren und Mitarbeitenden aufzubauen. Unternehmen sind gefordert, ihre Aktivitäten so darzustellen, dass Stakeholder die Nachhaltigkeitsziele und die Wirkung des Unternehmens nachvollziehen können. Dabei kann der Einstieg in diese Berichterstattung für viele Mittelständler fordernd sein. Eine sinnvolle Herangehensweise ist, die Berichtsinhalte in kleinere Teilbereiche aufzuteilen und nach Prioritäten zu strukturieren.
2. Berichtstandards für jede Unternehmensgröße: CSRD, VSME und LSME
Die CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) verpflichtet große Unternehmen, umfassend über ihre Nachhaltigkeitsleistungen zu berichten. LSME (Listed Small and Medium Enterprises) umfasst dabei börsennotierte kleine und mittlere Unternehmen, die ab 2026 verpflichtet sind, diese Berichte nach den ESRS-Standards zu erstellen. Für nicht-börsennotierte KMU bietet die VSME (Voluntary ESRS for Small and Medium Enterprises) eine wertvolle Möglichkeit, sich frühzeitig mit einem Nachhaltigkeitsbericht auf freiwilliger Basis am Markt zu positionieren. Obwohl die VSME keine gesetzliche Pflicht ist, bietet sie klare Vorteile: Durch freiwillige Berichterstattung können KMU Transparenz gegenüber Kunden, Geschäftspartnern und Investoren schaffen und ihre Glaubwürdigkeit als nachhaltige Akteure stärken. Gerade in einem Markt, der zunehmend Wert auf ESG-Kriterien legt, kann eine freiwillige Nachhaltigkeitsstrategie helfen, Wettbewerbsvorteile zu sichern und für künftige Anforderungen gut vorbereitet zu sein.
3. Doppelte Wesentlichkeit – Warum beide Perspektiven zählen
Die ESRS fordern von Unternehmen, dass sie die doppelte Wesentlichkeit beachten. Das bedeutet, dass Berichte nicht nur den Einfluss der Nachhaltigkeit auf das Unternehmen (Outside-in-Perspektive), sondern auch die Auswirkungen des Unternehmens auf Umwelt und Gesellschaft (Inside-out-Perspektive) darstellen müssen.
Praktisch bedeutet dies: Neben Informationen darüber, wie sich Umweltfaktoren auf das Geschäft auswirken, müssen auch Daten darüber offengelegt werden, wie das Geschäft auf Umwelt und Menschen wirkt. Mittelständische Unternehmen sollten sich fragen: Welche ökologischen und sozialen Auswirkungen haben meine Produkte und Dienstleistungen? Und umgekehrt, wie könnten Umwelt- und Sozialthemen die wirtschaftliche Lage meines Unternehmens beeinflussen? Dieser Ansatz hilft dabei, die Berichterstattung als ein Werkzeug zu sehen, das sowohl interne Risiken als auch Chancen identifiziert.
4. Umfangreiche Berichterstattung zur Klimawirkung
Ein zentraler Bestandteil der ESRS ist die detaillierte Berichterstattung über den Klimafußabdruck des Unternehmens (Berichtsstandard ESRS E1). Die EU legt großen Wert darauf, dass Unternehmen ihre Treibhausgasemissionen umfassend analysieren und offenlegen – und zwar in allen drei sogenannten Scopes:
- Scope 1 umfasst direkte Emissionen, z. B. aus der Nutzung eigener Produktionsanlagen.
- Scope 2 deckt indirekte Emissionen durch Energieverbrauch ab, wie beispielsweise Strom.
- Scope 3 schließt sämtliche Emissionen ein, die in der Lieferkette entstehen, wie Transporte, gekaufte Materialien und Geschäftsreisen.
Besonders Scope 3 stellt viele Mittelständler vor eine Herausforderung, da Daten zu Lieferketten oft schwer zu erheben sind. Ein guter Startpunkt ist die enge Zusammenarbeit mit Lieferanten, um Daten zur Emissionsquelle zu sammeln. Unternehmen, die frühzeitig eine Klimastrategie entwickeln und realistische Reduktionsziele setzen, profitieren zudem langfristig von Kostensenkungen und einer besseren Marktposition.
5. Prüfung und Qualitätssicherung der Berichte
Die CSRD, zukünftig auch die LSME für börsennotierte KMUs, und die ESRS verlangen, dass Nachhaltigkeitsberichte überprüft werden – ähnlich wie bei Finanzberichten. Diese Überprüfung durch externe Prüfer stellt sicher, dass die Berichte korrekt, vollständig und vertrauenswürdig sind. Für Mittelständler ist es ratsam, bereits frühzeitig mit den Prüfinstanzen zusammenzuarbeiten und sicherzustellen, dass die Datenerfassung strukturiert und nachvollziehbar abläuft.
Die Qualitätssicherung dient nicht nur der Gesetzeseinhaltung, sondern verleiht den Berichten Glaubwürdigkeit und signalisiert Transparenz. Gerade in der Zusammenarbeit mit Investoren und Geschäftspartnern schafft dies Vertrauen und hebt das Unternehmen positiv hervor. Zudem können geprüfte Berichte dazu beitragen, frühzeitig Schwachstellen in der Unternehmensführung oder in betrieblichen Prozessen zu erkennen und zu optimieren.
6. Zeitplan und Umsetzung – Schritt für Schritt zur Einhaltung der ESRS
Die Nachhaltigkeits-Berichtspflicht für den Mittelstand hat einen klaren Zeitrahmen, denn die ESRS gibt hier klare fristen vor. Die zeitlichen Vorgaben variieren je nach Unternehmensgröße und -art:
- Unternehmen, die bisher unter die Non-Financial Reporting Directive (NFRD) fielen, müssen ab dem Geschäftsjahr 2024 nach CSRD berichten.
- Andere große Unternehmen folgen ab 2025.
- Kleine und mittelständische Unternehmen, die an Börsen gelistet sind, haben bis 2026 Zeit, um nach der LSME zu berichten.
Für mittelständische Unternehmen, die bislang keine Berichterstattungspflicht hatten, ist es sinnvoll, frühzeitig eine langfristige Umsetzungsstrategie zu entwickeln. Dies kann durch die Einrichtung eines Nachhaltigkeits-Teams oder durch die Zusammenarbeit mit externen Beratern geschehen. Praktische Maßnahmen wie die Einführung eines Monitoringsystems für ESG-Kennzahlen und die regelmäßige Schulung von Mitarbeitenden erleichtern den Einstieg und sichern langfristig eine erfolgreiche Umsetzung.
Fazit: Warum sich die Mühe lohnt
Die Nachhaltigkeits-Berichtspflicht für den Mittelstand und somit die Einhaltung der ESRS bringt Herausforderungen mit sich, bietet aber auch zahlreiche Vorteile für mittelständische Unternehmen. Durch transparente Berichterstattung können Unternehmen nicht nur den gesetzlichen Anforderungen entsprechen, sondern auch ihr Image stärken, Risiken minimieren und Wettbewerbsvorteile gewinnen. Gerade für den Mittelstand sind Nachhaltigkeit und verantwortungsvolle Unternehmensführung zunehmend entscheidende Faktoren für Erfolg und Beständigkeit. Wer sich frühzeitig mit den ESRS auseinandersetzt und diese gezielt umsetzt, kann eine solide Basis für nachhaltiges Wachstum und eine gute Marktpositionierung schaffen.
ESG-Datenerfassungs-Systeme, wie das von MetriBo, setzten genau hier an: Die Nachhaltigkeits-Berichtspflicht für den Mittelstand einfach zugänglich zu machen. Effiziente Schulung der Mitarbeitenden zu den für sie relevanten Themen, wie beispielsweise durch das Angebot der MetriBo Academy, ermöglicht ein schnelles Aufgleisen des Teams und ein zielgerichtetes Aufbauen der benötigten Strukturen. Analyse-Tools für effiziente und zielgerichtete Materialitäts- und Gap-Analysen ermöglichen Unternehmen schnell und effektiv die materiellen Themen zu ermitteln und aktuelle Lücken in der Datenerfassung zu identifizieren und zu schließen. Um immer eine Übersicht über den aktuellen Status der Berichts-Erstellung sowie alle relevanten Umweltdaten zu haben können ESG-Dashbaords helfen, wie das ESG-Dashboard von Metribo. So können Unternehmen jeder Größe langfristiges und effizientes ESG-Datenmanagement aufbauen, welches auf der jeweils anzuwendenden regulatorischen Grundlage basiert.