Weshalb die doppelte Wesentlichkeitsanalyse die Grundlage jeder Berichterstattung bildet
Nachhaltigkeit wird in der Unternehmenswelt immer wichtiger. Mit der doppelten Wesentlichkeitsanalyse, auch doppelte Materialitätsanalyse genannt, gibt es ein Werkzeug, das weit mehr ist als nur ein Reporting-Instrument. Die dreifache Verpflichtung zur doppelten Wesentlichkeit durch die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) sowie die Standards für Listed Small and Medium Enterprises (LSME) und Voluntary ESRS for Small and Medium Enterprises (VSME) verdeutlicht, dass Unternehmen heute auf umfassende Weise ihre Einflussnahme auf Umwelt und Gesellschaft verstehen und dokumentieren müssen. Anders als bei der klassischen Wesentlichkeit, wie sie in der NFRD (Non-Financial Reporting Directive) üblich war, berücksichtigt die doppelte Wesentlichkeit zwei Perspektiven: Inside-Out (die Auswirkungen des Unternehmens auf Umwelt und Gesellschaft) und Outside-In (die Auswirkungen externer ESG-Faktoren auf das Unternehmen). So bietet doppelte Wesentlichkeitsanalyse die zentrale Grundlage der Berichterstattung.
Die doppelte Wesentlichkeit ist besonders wertvoll, weil sie nicht nur Unternehmenskennzahlen erfasst, sondern Stakeholder wie Mitarbeitende, Lieferanten und Endkunden direkt einbindet. Sie tragen dazu bei, alle relevanten und materiellen Themen klar zu identifizieren und legen so den Grundstein für eine nachhaltige Strategie.
Grundlagen der doppelten Wesentlichkeitsanalyse
Die doppelte Wesentlichkeitsanalyse umfasst zwei Hauptperspektiven: die Inside-Out– und die Outside-In-Sicht. Während die Inside-Out-Betrachtung aufzeigt, wie das Unternehmen die Umwelt und Gesellschaft beeinflusst, etwa durch Emissionen oder Arbeitsbedingungen, erfasst die Outside-In-Betrachtung die finanziellen und operativen Chancen und Risiken, die externe Umwelteinflüsse für das Unternehmen darstellen. Dies kann von Klimarisiken bis zu Trends in den Arbeitsmärkten reichen. Die Kombination dieser beiden Perspektiven unterscheidet die doppelte Wesentlichkeit von der herkömmlichen Wesentlichkeitsanalyse und macht sie umfassender und aussagekräftiger.
Ein Grundprinzip der doppelten Wesentlichkeit ist die Integration wichtiger Stakeholdergruppen, denn ESG-Themen sind häufig für eine breite Gruppe von Akteuren relevant. Vertreter der Belegschaft, Kunden und Lieferanten bringen wertvolle Perspektiven in den Analyseprozess ein. Dadurch erreicht das Unternehmen eine höhere Genauigkeit, um die Themen mit der größten Bedeutung zu identifizieren.
Die 5 Schritte der doppelten Wesentlichkeitsanalyse
Eine doppelte Wesentlichkeitsanalyse lässt sich in fünf Schritte gliedern, die für eine umfassende und klare Bewertung notwendig sind.
Schritt 1: Festlegung der Shortlist für ESG-Themen
Zuerst erstellen Unternehmen eine Shortlist der ESG-Themen, die auf den Vorschlägen der ESRS-Themenstandards basiert. Diese Liste umfasst zehn themenspezifische Standards mit verschiedenen Sub- und Sub-Sub-Themen. Jedes Unternehmen wählt die für sein Geschäftsmodell oder seine Branche bedeutsamen Themen aus. Für Industrieunternehmen könnte dies beispielsweise eine Auswahl an umweltrelevanten Themen wie Emissionen und Ressourcennutzung sein. Dienstleistungsunternehmen hingegen haben eher den Fokus auf Sozialthemen wie Diversität und Mitarbeiterschutz legen.
Schritt 2: Identifizierung von Auswirkungen, Risiken und Chancen (IROs)
Im zweiten Schritt geht es um die Analyse der Themen durch Identifizierung von Impacts, Risks und Opportunities (IROs), den Auswirkungen, Risiken und Chancen. Ein Team aus ESG-Fachleuten und Vertretern der Stakeholder, wie Kunden oder Mitarbeitenden, bewertet jedes Thema auf seine positiven oder negativen Effekte auf Umwelt und Gesellschaft (Inside-Out) sowie auf die Chancen und Risiken, die von externen Umständen ausgehen (Outside-In). Durch diesen Schritt entsteht ein umfassendes Bild der tatsächlichen und potenziellen Einflüsse, was eine fundierte Entscheidungsbasis für weitere Maßnahmen bietet.
Schritt 3: Bewertung und Priorisierung der IROs
Nach der Identifizierung folgt eine detaillierte Bewertung der IROs. Dazu stuft das Unternehmen die IROs nach Kriterien wie Eintrittswahrscheinlichkeit, Umfang der Auswirkungen und potenzieller Unwiderrufbarkeit negativer Einflüsse ein. Dies ermöglicht klare Priorisierung, bei der jedes IRO sowohl durch interne Fachleute des Unternehmens als auch Stakeholder bewertet wird. Nach Abschluss der Bewertung wird ein Schwellenwert festgelegt, der als Maßstab für die Wesentlichkeit dient. Sobald die IROs eines Themas diesen Schwellenwert überschreiten, gilt das Thema als „wesentlich“ und wird Teil der offiziellen Berichterstattung.
Schritt 4: Erstellung der Materialitätsmatrix
Nach der Bewertung wird entweder durch das Unternehmen selbst oder durch begleitende Beratungs-Teams, wie das von MetriBo, eine Materialitätsmatrix erstellt, in der die wesentlichen Themen visualisiert werden. Dieser Schritt dient der abschließenden Überprüfung durch alle Beteiligten und gibt eine klare, visuelle Übersicht über die relevanten Themen. Die Matrix zeigt die Position jedes Themas und hilft den Experten und Stakeholdern, die finalen Themen zu bestätigen.
Schritt 5: Festlegung und Integration der materiellen Themen
Im letzten Schritt erfolgt die abschließende Festlegung der relevanten Themen. Nun beginnt die eigentliche Ausarbeitung der Themen für den Nachhaltigkeitsbericht, und die Ergebnisse der Wesentlichkeitsanalyse werden in die ESG-Strategie integriert. Da durch die Analyse alle relevanten Themen ermittelt wurden, können Unternehmen zielgerichtet Maßnahmen zur Erfüllung der Berichtsanforderungen entwickeln. So wird die doppelte Wesentlichkeitsanalyse als Grundlage der Berichterstattung
Geschäftliche Relevanz der Wesentlichkeitsbewertung
Für KMU bietet die Umsetzung der doppelten Wesentlichkeit zahlreiche Vorteile:
- Verbessertes Risikomanagement: Durch die Identifizierung und Bewertung wesentlicher Nachhaltigkeitsthemen können Unternehmen potenzielle Risiken frühzeitig erkennen und entsprechende Maßnahmen ergreifen.
- Erhöhte Transparenz und Vertrauen: Eine transparente Berichterstattung über wesentliche Nachhaltigkeitsthemen stärkt das Vertrauen von Investoren, Kunden und anderen Stakeholdern.
- Wettbewerbsvorteil: Unternehmen, die Nachhaltigkeit in ihre Geschäftsstrategie integrieren, können sich von der Konkurrenz abheben und neue Geschäftsmöglichkeiten erschließen.
- Regulatorische Konformität: Die Einhaltung der europäischen Nachhaltigkeitsberichterstattungsstandards hilft Unternehmen, regulatorische Anforderungen zu erfüllen und mögliche rechtliche Risiken zu minimieren.
Fazit: Die doppelte Wesentlichkeitsanalyse als Grundlage der Berichterstattung und wertvolles Instrument für nachhaltigen Unternehmenserfolg
Doppelte Wesentlichkeitsanalyse ist die Grundlage der Berichterstattung und somit für Unternehmen nicht nur ein Instrument zur Erfüllung der ESG-Berichtspflichten, sondern ein wichtiger Schritt zur Optimierung der Nachhaltigkeitsstrategie. Sie ermöglicht Unternehmen, ihre Ressourcen gezielt auf die Bereiche zu konzentrieren, die sowohl für das eigene Geschäftsmodell als auch für die Stakeholder relevant sind. Die Einbindung wichtiger Stakeholder sorgt dabei für eine fundierte, praxisnahe Grundlage, um die zukünftige Entwicklung des Unternehmens nachhaltig zu gestalten.
Die Wesentlichkeitsanalyse bietet dadurch die Chance, die Aufwände und Ressourcen genau dort einzusetzen, wo es für das Unternehmen und die Umwelt am meisten Wirkung zeigt – eine vorausschauende Investition in eine transparente, belastbare und erfolgreiche Nachhaltigkeitsstrategie.
Die doppelte Wesentlichkeitsanalyse kann von Unternehmen eigenständig, tool-gestützt oder in Begleitung mit externer Beratung vollzogen werden. Externe Berater sowie Tool-Anbieter, wie beispielsweise MetriBo, bieten hierfür einfache und zielgerichtete Hilfsmittel. MetriBo bietet für die Durchführung der doppelten Wesentlichkeitsanalyse ein umfassendes Angebot an Beratung und ein selbsterklärendes Tool, das Unternehmen jeder Größe bei der Identifizierung der materiellen ESG-Themen unterstützt. Das Angebot wird basierend auf den offiziellen ESRS Standards wie auch der Materiality Assessment Implementation Guidance (MAIG) der EFRAG entwickelt, um den regulatorischen Anforderungen zu entsprechen.